Ausgabe 01/2014 · Brigitte Fassbaender

Man kann in Zeiten wie diesen gar nicht…

Nein, Brigitte Fassbaender singt nicht mehr. Ihre Jahrhundertkarriere als Mezzosopranistin hat sie längst hinter sich gelassen. Doch ihren fünfundsiebzigsten Geburtstag im Juli wird sie wohl trotzdem nicht in Ruhe feiern können. Ihr Terminkalender platzt nach wie vor aus allen Nähten: Als Regis- seurin und Festival-Intendantin etwa der Richard-Strauss-Tage in Garmisch-Partenkirchen legt sie den gleichen Enthusiasmus an den Tag wie früher als Sängerin. Und als das Deutsche Mozartfest in Augsburg sie für 2014 als Schirmherrin und Leiterin eines Meisterkurses anfragte, zögerte sie nicht lange. Von Julika Jahnke

Fast seit zwanzig Jahren ist ihre Gesangskarriere nun zu Ende. Doch Brigitte Fassbaender hat immer noch dieses Gesicht, das man kennt: Mit den großen dunklen Augen, die so wach und berlinerisch humorvoll unter der streichholzkurzen Frisur hervorblitzen, die inzwischen ihr Markenzeichen geworden ist. Ob am Flughafen oder im Café, sie wird immer wieder mit wehmütigen Erinnerungen konfrontiert: „Sind Sie nicht …? Waren Sie nicht damals …?” Ihre Auftritte haben sich den Oper- und Liedfreunden, die sie aus ihrer aktiven Zeit kennen, ins Gedächtnis gebrannt. Bei den Bayreuther Festspielen trat sie 1983 und im Jahr darauf als Waltraute in Richard Wagners „Götterdämmerung“ unter dem Dirigat von Sir Georg Solti auf. Sie sang die Brangäne in „Tristan und Isolde“ an der Grand Opéra Paris sowie die Titelrolle in Georges Bizets „Carmen“ an der Oper von San Francisco. In Götz Friedrichs Inszenierung von Alban Bergs „Lulu“ an der Deutschen Oper Berlin war sie eine umjubelte Gräfin Geschwitz. Bei den Salzburger Festspielen hörte man sie als Dorabella in Mozarts „Così fan tutte“ und als Fricka in Richard Wagners Opernzyklus „Der Ring der Nibelungen“ unter Leitung von Herbert von Karajan.

Vor allem mit ihrer Paraderolle als „Octavian“ im „Rosenkavalier“ von Richard Strauss feierte sie in den Opernhäusern von London und Paris rauschende Erfolge. Und das nicht nur wegen dieser klaren, ausdrucksstarken Stimme wegen, mit dem überraschend dunklen, weichen Timbre, traumwandlerisch sicher, punktgenau intoniert. Es ging immer auch um ihre Persönlichkeit – diese nicht große, aber um so energischere Erscheinung mit ihrer minutiös kalkulierten, aber so leichthin wirkenden Bühnenpräsenz. Das lässt heute noch gestandene Sängerinnen neidisch werden. Ein ideales künstlerisches Gegenüber fand Fassbaender übrigens damals im nicht weniger energischen Dirigenten Carlos Kleiber, der ihr mit seiner Kompromisslosigkeit zutiefst imponierte. Nach fast einem Dutzend bedeutender Ehrungen, wie der Ernennung zur „Bayerischen Kammersängerin“ bekam Fassbaender schließlich im Jahr 2012 in der Bayerischen Staatskanzlei das Große Verdienstkreuz mit Stern der Bundesrepublik Deutschland überreicht.

aus Ausgabe 01/2014

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