Ausgabe 01/2014 · Weltbild-Insolvenz

Die Uhr tickt…

Das, was viele in Augsburg nicht wahrhaben wollten, ist eingetreten: Weltbild musste am 7. Januar Insolvenz anmelden. Es ist ein Insolvenzfall, der – selbst dann, wenn das Medienkaufhaus den Existenzkampf bestehen sollte und ein neues Unternehmen „Weltbild 2.0“ daraus hervorgeht – nur Verlierer kennt: 6.600 Mitarbeiter, die seit Jahresbeginn um ihre Arbeitsplätze bangen; einen spektakulär gescheiterten Konzernherrn Carel Halff, der natürlich weiß, dass er seinen Hut nehmen kann; Altgesellschafter, also zwölf deutsche Bistümer und die deutsche Soldatenseelsorge, die sich auf der Anklagebank der öffentlichen Meinung wiederfinden und sich den Vorwurf gefallen lassen müssen, ihrer Aufsichtspflicht über das Unternehmen und ihrer Fürsorgepflicht für die Mitarbeiter nicht gerecht geworden zu sein; dreiste Vertreter der Gewerkschaft verdi, die, ohne konkrete Zahlen zu nennen, den Bischöfen Tag für Tag unterstellen konnten, sie hätten in der Vergangenheit „Millionen“ eingesackt und damit dem Unternehmen die Substanz entzogen; zu guter Letzt die Leser der Heimatzeitung „Augsburger Allgemeine“, die die Weltbild-Krise zuerst verschlafen, dann die beschwichtigenden Aussagen von Carel Halff ungeprüft wiedergegeben hatte und in der laufenden Berichterstattung immer wieder von der „Süddeutschen Zeitung“ düpiert worden ist.

Weltbild war zum Jahreswechsel finanziell am Ende. Auch eine Kapitalspritze der Gesellschafter von 65 Millionen Euro hätte die Firma nicht retten können. Der kurzfristige Finanzbedarf lag bei 135 Millionen. Der Gang zum Insolvenzrichter war damit unausweichlich. Zudem drückt ein Schuldenberg von weiteren 190 Millionen. Hätten die Bischöfe zu ihren zugesagten 65 tatsächlich weitere 70 Millionen geopfert, hätte noch immer ein zweistelliger Millionenbetrag für eine umfassende Neustrukturierung gefehlt, um Weltbild zumindest halbwegs wieder auf die Beine zu stellen. Selbst dann wäre die Firma wegen ihrer morschen Struktur, ihres überforderten Managements und der daraus resultierenden Unfähigkeit, erfolgreich Geschäfte betreiben zu können, über kurz oder lang erneut dem Untergang geweiht gewesen. Es gibt in diesem Unternehmen – und das war die erschreckende Erkenntnis der letzten Wochen – nur Baustellen. Von vorne bis hinten. Von hinten bis vorne. Außerdem scheint im Weltbild-
Reich der Begriff „Koordination“ in weiten Teilen unbekannt gewesen zu sein.

aus Ausgabe 01/2014

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