Ausgabe 01/2023 ·

Nose & Belly: Wo die schwäbische Kartoffel den türkischen Honig küsst

Man munkelt, Hendrik Ketter, der seit 20 Jahren Gastronom ist und auch schon kochend zur See fuhr, steuere auf seinen ersten Stern zu. Darauf angesprochen, lacht der 39-Jährige: „So etwas weiß man nie, da muss man so viele Richtlinien erfüllen. Da spielt so viel hinein … Warten wir es ab.“ Erst mal konzentriert er sich darauf, seine Gäste glücklich zu machen. Seit 2015 ist der Mann aus Hessen in Bayern selbstständig. Zuerst eröffnete er das
Neuhof am See in Gundelfingen, im Februar 2020 zusätzlich das Nose & Belly in Augsburg. Der Name, sagt er, sei aus einer Spielerei entstanden und erlaube so viele schöne Wortspiele: „Follow your nose, listen to your belly“, die Abkürzung no-bel und zudem einen Verweis aufs Konzept, was das Fleisch angeht. Denn buchstäblich
„from nose to tail“, von Schnauze bis Schwanz, werden Tiere hier verwertet. Lieber mehr Handarbeit, dafür auch mehr Geschmack und wenig Abfall, findet Ketter.

JUNGER KOCH ENTDECKT GRANDE DAME DER
DEUTSCHEN ESSKULTUR
Das hätte Henriette Davidis (1801 bis 1876) wohl gefallen, der ersten deutschen Bestseller-Autorin rund ums Kochen, der das Nose & Belly jetzt jeden Mittwochabend widmet. Deutsche Hausmannskost modern interpretiert: Weitgehend saisonale, regionale Früchte und Gemüse treffen Fleisch und Fisch, die ebenfalls aus der Nähe bezogen werden, bekommen aber die eine oder andere exotische Note. „Wir lassen Aromen gleich, aber interpretieren das in leichterem, feinerem Gewand“, beschreibt es Ketter. Gespeist wird dann wieder im Sinne Henriette Davidis‘: Die Vorund Nachspeisen sind so konzipiert, dass nichts an Appetitlichkeit  verliert, wenn es etwas kälter wird. Alle landen gleichzeitig auf dem Tisch. Für jeden Gast gibt es je ein Teil jeder Speise, doch
jeder bedient sich nach seinem Gusto. So wird geteilt, spontan neu kombiniert, Gespräche entspinnen sich.

aus Ausgabe 01/2023

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