Ausgabe 01/2020 · Feuilleton

Thomas Prazak: „Das Theater ist manchmal größer als das Leben.“

Thomas Prazak, 40 Jahre alt, Österreicher in Deutschland, Fast-Wiener aus Baden, ist seit 2015 festes Ensemblemitglied am Staatstheater Augsburg. Nicht Thalia, die griechische Muse der Dichtung und Theater, sondern der Kronleuchter im Stadttheater Baden und der Kleine Muck waren es, die den Schauspieler von Kindesbeinen an für die Bühne einnahmen.

Es ist ein „prunkvoller, schwerer Kronleuchter“ im Stadttheater Baden bei Wien, der Thomas Prazak stets in den Sinn kommt, wenn er gefragt wird, wo er das Theater und das Theater ihn entdeckt hat. Es war wohl stets dieselbe Szenerie, die den damals 14-Jährigen in ihren Bann zog: Der Kronleuchter, der über dem Zuschauerraum in den Theaterhimmel schwebte, die langsam verglimmenden Lichter des Lüsters, der sich schleppend öffnende Vorhang, der den Blick auf den Kleinen Muck freigab, und das märchenhafte Geschehen rund um den kleinen Jungen mit den Zauberpantoffeln, der auf der Suche nach dem Kaufmann ist, der das Glück zu verkaufen hat. Nach dem Besuch von einem halben Dutzend Vorstellungen gab es für Prazak nur den einen Wunsch, Friedrich Schillers Empfehlung zu folgen: „Sehn wir doch das Große aller Zeiten auf den Brettern, die die Welt bedeuten, sinnvoll, still an uns vorübergehn.“ Von Schillers schwärmerischen Zeilen über die Erhabenheit des Schauspiels hatte der junge Prazak damals noch keinen blassen Schimmer, aber dass Theater etwas ganz Besonderes sein müsse, daran gab es für den 14-Jährigen keine Zweifel. Doch gemach, gemach!

Zum Einstimmen auf die Bühne ging es jedes Jahr „im Juli und August mit den Eltern von Baden bei Wien nach Reichenau“ (Prazak) an der Rax. An diesem traditionsreichen Sommerfrischekurort, keine eineinhalb Autostunden von der Wienerstadt entfernt, geben sich seit 1988 die österreichischen Publikumslieblinge von Theater, Film und Fernsehen jedes Jahr ein Stelldichein, um sich außerhalb der Saison, nicht allzu fern der Hauptstadt, in angenehmer Umgebung ein Zubrot zu verdienen und nicht zuletzt um die Honneurs ihrer Fans entgegenzunehmen. Die „Festspiele Reichenau“ liefern Sommer für Sommer jenes Programm, ohne das Wiens theatersüchtige Gesellschaft glaubt, den Sommer nicht überstehen zu können: Jedes Jahr Arthur Schnitzler, Johann Nestroy, Ferdinand Raimund – brav rauf und runter. Schauspielerisch meist in österreichischer Traumbesetzung. Wenn es Eklats gibt, finden sie nicht auf der Bühne, sondern im Reigen abseits der Bühne statt. Einen besseren Anschauungsunterricht hätte der junge Prazak, was Theater und das Drumherum alles bieten und aufbieten kann, wahrlich nicht bekommen können.

aus Ausgabe 01/2020

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