Über Unterthingau, Berleberg und Hauptmannsgreut führt der Weg nach Leiterberg. Dem Reisenden zeigt das Allgäu hier zwei Gesichter: Für das Greisliche steht ein neumodisches Schnörkelhaus in seiner ganzen Baumarkt-Hässlichkeit. Die Idylle wird von alten Höfen mit wohlproportionierten Formen bedient. Nun sitzen wir bei Willi Huber am Ess-tisch und schauen durchs raumhohe Fenster einem Bauern beim Zapfen von Gülle zu. Das unscheinbare Wohnhaus, in dem wir zu Gast sein dürfen – vom Architekten in den 1990er-Jahren selbst entworfen – bietet eine verblüffend einfache Lehre: Wenn man mit Bedacht für die Traditionen einer Region baut, ohne gegenwärtige Bedürfnisse zu ignorieren, baut man funktional und schön zugleich. Unsere Reise ins Allgäu wollte ergründen, welche Persönlichkeit ein Architekt mitbringen muss und welche Zutaten es braucht, um mit historischem Bewusstsein moderne Räume zu schaffen, in denen Menschen sich wohl fühlen.
Mit 15 hatte Willi Huber einen Spleen: Er wollte Schirennläufer werden. Seine Mutter fand das gar nicht gut – und klapperte die Kemptner Architekturbüros ab, „weil ich in Zeichnen die besten Noten hatte“. 1971 begann Huber eine Lehre als Bauzeichner. Seine Lebensaufgabe sah er darin nicht. Es folgte die Fachoberschule, bevor der junge Mann in München seine Bestimmung fand – die Architektur. Die „Initialzündung“ ereilte ihn in Gestalt des Döllgast-Schülers und Fachhochschuldekans Hubert Caspari, einem „Besessenen“, der später zum Freund wurde: „Caspari hat uns eine wahnsinnige Begeisterung mitgegeben. Irgendwann habe ich nur noch Architektur gedacht.“
Weil sich aber mit Begeisterung alleine keine Familie ernähren lässt, musste nach dem Studium ein Brotberuf her. Der fand sich im Diözesanbauamt zu Eichstätt, dessen Direktor Karljosef Schattner seit den Nachkriegsjahren höchst erfolgreich dabei war, ein „neues Bauen im historischen Kontext“ zu etablieren. Heute noch schwärmt Huber von der Modernisierung Eichstätts: Die Schattner-Entwürfe sind für ihn „sauber gebaute Architektur, die schön altert“ – eben ein Stück Baukultur mit Vorbildcharakter. Man mag es kaum glauben: Das katholische Bischofsstädtchen im beschaulichen Altmühltal wurde für „Architektursüchtige“ wie Willi Huber zu einem Labor für modernes Bauen: „Tag und Nacht wurde über Architektur diskutiert. Uns hat nur ein Thema beschäftigt. Wie schaffen wir einzigartige Architektur – verknüpft mit der Frage: Mit welchen Mitteln können wir das erreichen?“



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