Hand aufs Herz: Wissen Sie, was Andreas Kopton (58), der wortgewandte Präsident der IHK Schwaben, beruflich macht? Bei seiner Vorgängerin, Hannelore Leimer, wusste nahezu jedes IHK-Mitglied, dass sie Gesellschafterin und Geschäftsführerin der alteingesessenen Augsburger Firma Erhardt + Leimer ist, eines Unternehmens für Systemlösungen und Automatisierungstechnik an laufenden Bahnen und Bändern. Auch von der starken internationalen Präsenz von Erhardt-Leimer hatte die schwäbische Geschäftswelt Kenntnis. Die Firma Harress Pickel Consult AG (HPC) von Andreas Kopton scheint hingegen im Bewusstsein der schwäbischen Wirtschaft ein unbekanntes Wesen zu sein, obwohl seine Consultingfirma ein Hidden Champion und ebenfalls in ganz Europa tätig ist. Und auf eine 65-jährige Firmengeschichte kann Koptons Firma ebenfalls zurückblicken.
Die Wurzeln des Umweltberatungsunternehmens (2013: 470 Mitarbeiter, 52 Mio. Euro Umsatz), das zu den Top Ten seiner Branche in Europa zählt, liegen in Kassel. Drei Jahre nach Kriegsende gründete Dr. Wilhelm Pickel ein klassisches Ingenieurbüro, wie es sie inzwischen – insbesondere zur Planung von klei- neren und größeren Tiefbauprojekten – nahezu in jeder größeren Kommune gibt. Dr. Hainer Harress, ein Vorreiter der Bodensanierung in Deutschland, war mit der Gründung seines „Geotechnischen Büros“ im nordschwäbischen Harburg 28 Jahre später dran. 1990 sollten die beiden Firmen unter dem Dach der Haniel-Gruppe zur „HPC“ fusionieren. Damals meinte der Duisburger Mischkonzern, früher vorwiegend in der Schwerindustrie und im Bergbau tägig, die Harburger Umweltberatungsfirma runde mit ihrem Know-how das Portfolio ihrer Transportsparte ab, die sich zunehmend auf das Geschäft mit Gefahrstoffen und Sondermüll eingelassen hatte. Andreas Kopton, damals noch ein ambitionierter Vorstandsassistent im Haniel-Konzern, war dazu ausersehen, das neu erworbene Unternehmen HPC „Haniel-fähig“ zu machen: „Was immer das auch sein sollte!“
Assistent Kopton sah in diesem Angebot, als Geschäftsführer nach Harburg zu gehen, erst einmal die Chance, sich im operativen Geschäft profilieren zu können, und zweitens die Möglichkeit, endlich Duisburg hinter sich zu lassen. Ein Dienstort Harburg schien dem gebürtigen Nordlicht um einiges reizvoller zu sein als der Ruhrpott. Kopton beging nur einen Denkfehler. Die Haniel-Herren hatten niemals die Absicht, HPC in den Hamburger Stadtteil Harburg zu verlegen, sondern im Schwäbischen zu belassen. So hielt er nach der Berufung zum HPC-Geschäftsführer zu seiner Überraschung einen Marschbefehl in die 5.000-Einwohner-Stadt im Landkreis Donau-Ries in Händen. Kopton schmunzelt heute über seine damalige Wissenslücke, als man noch nicht mit Google-Maps weltweit Firmenstandorte erkunden konnte: „Ich kann nur sagen: Charming!“ Diese partielle geografische Desorientierung sollte sich für den Kaufmann Kopton als doppelter Glücksfall erweisen. Er wäre heute wohl kaum Chief Executive Officer und Anteilseigner eines erfolgreichen europäischen Umweltberatungsunternehmens und wahrscheinlich auch nicht Präsident einer Industrie- und Handelskammer.



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