Ausgabe 04/2012 · Feuilleton

Zwei Sänger – Ein Kulturkreis

Die beiden Koreaner Dong-Hwan Lee und Ji-Woon Kim schenken dem Theater Augsburg weit mehr als ihre Stimme.

Der klassischen Musik wird hierzulande oft ein schleichendes Verkümmern, ja, manchmal schon der baldige Tod prophezeit. Doch wie kann das sein, fragt man sich, wenn zugleich die wohl komplizierteste Form der europäischen Kunstmusik – die Oper – noch immer ein wahrer Exportschlager ist? Gerade in den wirtschaftlich aufblühenden asiatischen Tigerstaaten ist die klassische Musik, wie wir sie kennen, etablierter denn je. Wie selbstverständlich und hoch angesehen sie etwa in Südkorea ist, merkt man rückwirkend inzwischen auch schon in Deutschland: asiatische Nachwuchsmusiker und -musikerinnen strömen jedes Jahr in großer Zahl hierher. Sie sind in ihrer Heimat ganz selbstverständlich mit „unserer Musik“ aufgewachsen und wollen nur eins: ein Leben lang auf der Bühne stehen. Mit diesem Ziel vor Augen kamen auch Ji-Woon Kim und Dong-Hwan Lee aus Südkorea vor einigen Jahren hierher. Mittlerweile sind sie feste Ensemblemitglieder am Theater Augsburg.

In der doppelten Ausbildung liegt für Katharina John, Chefdramaturgin am Theater Augsburg, auch der Hauptgrund, warum deutsche Bühnen oft dem Nach- wuchs aus Fernost den Vorzug geben: Unter den Anfängern, die sich um ein festes Engagement bemühen, gehören sie dadurch meist zu den professionellsten Bewerbern. Katharina John erinnert sich noch genau an das Vorsingen des damals 30-jährigen Baritons Dong-Hwan Lee an ihrem Haus. Auch daran, dass es nicht allein seine Routiniertheit war, welche die künstlerische Leitung für ihn einnahm. Es ergab sich vielmehr eine „Liebe auf den ersten Blick“, wie John bemerkte: „Er hat schon so unglaublich schön und professionell gesungen und hatte, gerade auch für sein Alter, einen guten Stand erreicht.“

Inzwischen ist Dong-Hwan Lee seit gut einem Jahr in Augsburg. Nach Deutschland kam er, als er schon seinen Bachelor-Abschluss im Fach Gesang absolviert hatte. Als Grundschüler in seiner Heimat, südlich von Seoul, hatte er wohl mindestens genauso viel klassische Musik um sich wie hier ein deutscher Schüler. Und das hat historische Gründe: Durch die japanische Besetzung Koreas bis zum Jahr 1945 wurde die Hof- und Volksmusik des Landes fast vollkommen verdrängt. Die westliche Musikkultur nahm, nach japanischem Vorbild, ihren Platz ein. Seither ist sie das, was ein Koreaner meint, wenn er von »Musik« spricht. Befördert wurde dieser Trend zusätzlich durch das Christentum, das mit seinen Bräuchen und seiner Kultur in Korea schon lange stark verbreitet ist. Etwa 30 Prozent der Bevölkerung sind Christen. Sie sind weit zahlreicher als Buddhisten oder Konfuzianer.

aus Ausgabe 04/2012

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