Es war um die Wiesn-Zeit. Die letzte große bayerische Bierhochzeit von Spaten und Löwen war gerade mal ein Jahr alt, als Peter Pletschacher, damals knappe
27 Jahre jung und erst fünf Jahre Geschäftsführer der Dasinger Familienfirma,
es wagte, im Himmel der Münchner vorzusprechen. Der damalige Gottvater des Münchner Gerstensaftes, Jobst Kayser-Eichberg, empfing den Jungspund aus dem Wittelsbacher Land im 8. Stock der Löwenbräu-Zentrale und fragte nach seinem Begehr. Pletschacher hatte die Kunde vernommen, dass die Traditionsbrauerei beabsichtige, im Jahr 1999 mit einem nagelneuen Festzelt auf das Oktoberfest zu gehen, und rückte gleich mit der Sprache heraus: „Ich möchte das Zelt bauen und von Ihnen den Auftrag dafür bekommen!“ Zwölf Jahre später gehören fünf der vierzehn großen Wiesn-Zelte der Dasinger Unternehmensgruppe Pletschacher.
Sogar das „Schottenhamel“-Festzelt mit seinen 10.000 Sitzplätzen, wo auch dieses Jahr Münchens Oberbürgermeister Christian Ude nach altem Brauch und Sitte mit einem kernigen „O’zapft is!“ das größte Volksfest der Welt eröffnete, ist im Eigentum der Familie aus dem Wittelsbacher Land. Aber nicht nur halb München trinkt, schunkelt und tanzt in Pletschachers Zelten. Auch 5.500 Kölner Frohnaturen machen in ihrem „Kölschfest“, dem größten Zelt des rheinischen Karnevals, während der Hochzeit des närrischen Treibens die Nacht zum Tag. Wo zu „Viva Colonia“ und „Ein Stern, der deinen Namen trägt“ das Kölsch zischt und die Maß gestemmt wird, sind die Brüder Ulli, Toni und Peter Pletschacher nicht weit. Sie sind mit ihren Zelten die Schirmherren deutscher Bier- und Weinseligkeit.
Das Oktoberfest war immer ein Herzensanliegen
Angefangen hat alles in den 1950er-Jahren, als der Großvater des heutigen Firmenchefs neben seiner Schreinerei in Harthausen jeden Sommer als Lohnarbeiter die Wiesn-Zelte aufbauen half. Damals wurde auf der Theresienwiese noch ohne schweres Gerät gearbeitet. Peter Pletschacher: „Heute kann man es gar nicht mehr vorstellen, dass damals noch alles ohne tonnenschwere Hydraulikkräne hochgezogen worden ist. Es war eine richtige Plackerei, körperliche Schwerstarbeit von Juli bis September.“ Aber die Pletschachers hatten schon immer eine zupackende Art. Die Doppelbelastung von Wiesn und dem laufenden Baubetrieb wurde einfach weggesteckt. In den Wirtschaftswunderjahren mauserte sich der Betrieb in Harthausen zu einer der ersten Adressen im Holzbau zwischen München und Augsburg. Pletschacher war gefragt. Die Firma vergrößerte sich und zog nach Dasing um. Doch trotz der Erfolge im industriellen Systemholzbau blieb das Oktoberfest das Herzensanliegen der Pletschachers. Sie wurden zu respektierten, ja gern gesehenen Subunternehmern auf der Theresienwiese, auch wenn Deuter damals noch der Herr aller Zelte war. Das Geschäft war in jenen Jahren für Pletschacher „ein Dauerauftrag“. Deuter erteilte wie gewohnt jedes Frühjahr den Auftrag für den Aufbau seiner Zelte. Und Pletschacher ackerte. Prompt. Zuverlässig. Wenn Not am Mann war, halfen seine Mannen sogar für Gottes Lohn bei anderen Wiesn-Betrieben beim Aufstellen der Zelte aus.
Gut 50 Jahre in der zweiten Reihe
Peter Pletschacher erinnert sich an seine stade Annäherung ans Oktoberfest: „An die fünfzig Jahre haben wir in der zweiten Reihe gearbeitet. Wir haben genau hingeschaut und gelernt, wie das Geschäft funktioniert. Die Wiesn, das mag ein Außenstehender vielleicht nicht wahrnehmen, ist eine große, verschworene Gemeinschaft. Es geht zu wie in einer weit verzweigten Familie. Da zählt noch das Wort, weil jeder weiß, dass er sich auf den anderen verlassen können muss!“ Aber diese Einstellung war den Pletschachers nie fremd. Der familiäre Zusammenhalt, das gemeinsame Zupacken, wenn es einmal eng wurde, das Bodenständige haben Pletschachers zu einer erfolgreichen Unternehmerfamilie gemacht. Aus der Ein-Mann-Schreinerei in Harthausen wurde innerhalb von 60 Jahren ein Unternehmen mit knapp 40 Millionen Euro Umsatz. Neben dem traditionellen Holzbau und einer Projektentwicklungsgesellschaft, die sich auf die Errichtung von Einkaufszentren (siehe edition:schwaben 1/2012: „Gersthofen – Rufmord in eigener Sache“) im Süddeutschen konzentriert, sind es die Volksfeste und Firmenevents, die heute Pletschachers Umsatz beflügeln. Aber im Kern war es die Wiesn, die Peter Pletschacher 1999 den Kick gab, seinen eingesessenen, lokal verankerten Zimmermannsbetrieb stärker an Marktchancen und Zukunftsperspektiven auszurichten.



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