Das kaufmännische Geschick der Fugger und Welser hatte damals Augsburg zur Metropole des Welthandels gemacht. Die mächtigsten deutschen Kaufmannsfamilien der Renaissance waren die Pioniere der globalen Wirtschaft.
„Stillschweigen stehet wohl an“ war das Lebensmotto des Kaufmanns und Bankiers Anton Fugger (1493 – 1560) aus Augsburgs reichster und prominentester Patrizierfamilie. 500 Jahre später wird dem Neffen von Jakob dem Reichen (1459 – 1525) mehr Aufmerksamkeit und Interesse zuteil, als ihm zu Lebzeiten wohl lieb gewesen wäre. Die Entdeckung eines vor der Küste Namibias gestrandeten Schiffes gewährt neue Einblicke in die weltweiten Unternehmungen und Handelsbeziehungen von Anton Fugger. Viele der über 7.000 Fundstücke der havarierten „Bom Jesus“ weisen auf die zentrale Rolle hin, die damals die Fugger im Handel zwischen Europa und Indien gespielt haben. Sie tragen nämlich das bekannteste Firmenlogo jener Zeit, den Dreizack, mit dem die Fugger einst ihre Waren kennzeichneten. So wie der Dreimaster „Bom Jesus“ 1533 auf der Fahrt nach Indien mit Mann und Maus untergegangen ist, droht jetzt das Vorhaben, das Schiff in Originalgröße nachzubauen und für den Segler in der Heimat der Fugger einen „Hafen“ zu finden, auf Grund zu laufen. Das Projekt scheint wieder einmal an schwäbischer Kleingeisterei zu scheitern.
Augsburg bietet sich 2012 erstmals die Chance, seine glanzvolle Geschichte am Beginn des 16. Jahrhunderts an einem eindrucksvollen Beispiel erlebbar zu machen. Sie waren die Ersten, die Geschäftsbeziehungen zu den neuen Märkten knüpften. Nach Indien, Fernost und nach Südamerika. Die Schiffe, die sie in ferne Länder ausschickten, mehrten ihren Reichtum, da sie für ihren Einsatz so astronomische Renditen erlösten, die heute jeden erfolgsverwöhnten Wall-Street-Hai als tödeligen Dilettanten erscheinen lassen. Die Segler mit Waren der Fugger und Welser an Bord waren Symbole für unermesslichen Reichtum. Der Ethnologe Wolfgang Knabe verfolgt nun den Plan, jenes Schiff in Originalgröße wiedererstehen zu lassen und in der Region aufzustellen, das 1535 mit über 20 Tonnen Kupfer und sechseinhalb Tonnen Blei – das meiste zweifelsfrei aus den Bergwerken der Fugger – auf seiner Reise nach Indien vor der afrikanischen Küste auf Grund gelaufen ist.
Der 1. April 2008 hätte eigentlich für die Stadt Augsburg ein Glückstag sein können, wenn heute am Lech jenes Maß an kulturellem Selbstverständnis und jene Weltläufigkeit herrschen würden, wie zu den Zeiten der Fugger und Welser. An diesem Dienstag stieß Robert Burrell, der Chefgeologe von De Beers Marine Namibia (heute NAMDEB) an einem Uferstreifen der Diamantenküste im Nordwesten Namibias auf eine Halbkugel mit einer markanten Gravur. Die Bergbaugesellschaft hat sich seit über drei Jahrzehnten an der Küstenlinie auf Offshore-Mining von Diamanten spezialisiert. Man legt dabei durch Deiche das Meer bis zu 500 Meter vor der natürlichen Brandungslinie trocken, rüttelt tonnenweise Sand durch feinmaschige Siebe und fischt Diamanten aus jener Erdschicht, die seit Urzeiten vor der Westküste Südafrikas von Wellen überrollt wird. Als Burrell an der Fundstelle außerdem ein paar Röhren entdeckte, die augenscheinlich aus Kupfer oder Bronze gefertigt waren, rief er nach dem Minenarchäologen der Gesellschaft, Dr. Dieter Noli. Der Südafrikaner schaute sich Burrells Fundstück genauer an und stellte fest, dass er eine so genannte Halbgossenkugel aus Kupfer in der Hand hielt, die auf der Unterseite der Kugelkappe als Markierung einen Dreizack trug. Bei ersten Grabungsarbeiten stieß Noli sofort auf weitere Kupfer-Halbkugeln mit derselben Prägung, portugiesische und spanische Münzen. Die verwitterten Röhren entpuppten sich als Bestandteile mittelalterlicher Kanonen. Noli schwante sofort, dass er auf einen außerordentlichen Fund gestoßen war: auf die Ladung eines Handelsschiffes von der iberischen Halbinsel, das am Beginn der Neuzeit vor der Küste Namibias Schiffbruch erlitten haben muss. Noli realisierte beim ersten Augenschein, daß er auf die Ausrüstung und die Fracht einer portugiesischen Naõ gestoßen war, die sich für die historische Forschung als von unschätzbarem Wert herausstellen und der Welt erstmals einen umfassenden Blick auf die „ersten Tage der Globalisierung“ – so die Zeitschrift „National Geographic“ – gestatten sollte.



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