Bisher ist die Energiewende, also die Abkehr von der Atomkraft und ein erfolgreicher Schwenk zu den erneuerbaren Energien, nicht mehr als ein politisches Versprechen. Die aktuelle energiepolitische Lage Deutschlands lässt sich mit einem Autokonzern vergleichen, der am Ende seines Lateins ist, alles auf eine Karte setzen muss und aus unvermögen die Zukunft der Firma vom Erfolg eines einzigen Modells abhängig macht. Hopp oder drop! Hat der Vorstand für eine solch risikobehaftete Strategie von den Aktionären trotz warnender Stimmen das Go bekommen, liegt das weitere Schicksal des Unternehmens ausschließlich in den Händen des Managements. In einer ähnlichen Phase befindet sich heute die Bundesregierung, wenn es um Deutschlands wichtigstes industriepolitisches Projekt dieses Jahrhunderts geht: die Energiewende.
Nur legt die Bundeskanzlerin mit ihren Ministern bei dieser herkulischen Herausforderung ein Verhalten an den Tag, das mit einem Geschäftsgebaren vergleichbar ist, bei dem sich etwa der gesamte Vorstand der Volkswagen AG ein einjähriges Sabbatical gönnt, nachdem er in einer Nacht-und-Nebelaktion beschlossen hat, die Produktion des äußerst erfolgreichen Golfs kurzfristig einzustellen und ein völlig neues Auto zu bauen, von dem nur ein paar lausige Design-Skizzen vorliegen. Ganz Auto-Deutschland würde die berechtigte Frage stellen, ob die jetzt spinnen in Wolfsburg.
Beim volkswirtschaftlich viel existenzielleren Thema „Energie“ stellt sich für die Deutschen eine solche Frage offensichtlich nicht, seit es die Stimme des Volkes geschafft hat, die Kernkraft als Energieträger zu exkommunizieren. Da aber der Strom nach wie vor aus der Steckdose kommt, erregt es nur wenige Gemüter, dass die Bundeskanzlerin in einer Frage von nationaler Bedeutung die Zügel schleifen lässt. Ja, sie es nicht einmal für notwendig erachtet, innerhalb von 14 Monaten einen ordnungspolitischen Rahmen für die lauthals verkündete Energiewende zu schaffen. Angela Merkel und ihre zuständigen Minister befinden sich seit 2011 in den Energieferien. Anders lässt sich Untätigkeit der Bundeskanzlerin in der Energiepolitik wohl nicht erklären.
Zwar hat der Bundestag Ende Juni 2011 das Aus für acht Kernkraftwerke und den stufenweisen Atomausstieg bis 2022 beschlossen, doch wie in zehn Jahren eine sichere Energieversorgung der heimischen Wirtschaft zu wettbewerbsfähigen Preisen gewährleistet werden soll, steht gut ein Jahr nach dem Reaktorunglück von Fukushima in den Sternen. Die heimischen Unternehmen treibt die Sorge um, dass die Infrastruktur für eine sichere Energieversorgung bis zum Jahr 2022 nicht mehr realisiert werden kann. Die Energiepolitik Berlins ist ein Spiel mit dem Feuer.



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