Ausgabe 02/2012 · Feuilleton

CSU Augsburg: Die schwarze Spinne…

Der Schweizer Schriftsteller Jeremias Gotthelf (1747 – 1854) schildert in seiner Novelle „Die schwarze Spinne“, einer gleichnishaften Erzählung über christlich-humanistische Vorstellungen von Gut und Böse, eine Szene, die einer aktuellen Zustandsbeschreibung der Augsburger CSU sehr nahe kommt. Bauern schließen einen Pakt mit dem Teufel. Als er sich später um seinen Lohn geprellt sieht, bricht zuerst ein Unwetter über das Dorf herein und dann schlüpfen viele kleine Spinnen, die den Menschen Unheil bringen. Die Gotthelf’sche Schilderung ist in ihrer Dramatik zwar nicht zu überbieten, doch sie beschreibt äußerst treffend, wie Menschen sich im Spiel der Mächte verirren können, wie eine Gruppe von Menschen ausschließlich auf ihren Vorteil aus ist und keine Skrupel kennt, Gleichgesinnte auszugrenzen. Und kein anderes Bild gibt seit Jahr und Tag die Augsburger CSU ab. Sie ist zu einer Gemeinschaft verkommen, die eben keinen Gemeinsinn kennt. Der kleinste Bezirksverband der CSU hat nur das Glück, dass sein unsägliches Treiben der Mehrheit der Schwaben verborgen bleibt, weil die „Augsburger Allgemeine“ all die Tollheiten der Christlich-Konservativen vom Lech vorwiegend auf ihren Augsburger Lokalseiten abhandelt, die das restliche Schwaben nicht zu Lesen bekommt. Wäre dies der Fall, müssten die schwäbischen CSU-Politiker gegen ihre Augsburger Gesinnungsgenossen längst wegen anhaltender Rufschädigung gerichtlich vorgehen.

Diese politische Demonstration von ungezügelter Klüngelwirtschaft, chronischer Unfähigkeit und unablässiger Leistungsverweigerung wäre für Augsburgs Bürger irrelevant, wenn die CSU nicht in der Stadtregierung prominent vertreten wäre und der Oberbür- germeister Kurt Gribl nicht auf einem CSU-Ticket seines Amtes walten würde. Gut zwei Jahre vor der nächsten Stadtratswahl beschäftigt sich die CSU nur mit sich selbst, statt brauchbare und zumutbare Arbeit zu leisten. Dass die CSU seit der Wahl 2008 bei den Augsburgern eine Bringschuld einzulösen hat, kommt dieser Partei einfach nicht in den Sinn. Sie scheint als Organisation inzwischen ein Stadium erreicht zu haben, wo die Parteispitze gar nicht mehr in der Lage ist, zu begreifen, dass ihr vor vier Jahren 40 Prozent der Augsburger Wähler den Auftrag erteilt haben, die Stadt zu gestalten und zukunftsfähig zu machen. Vor Gericht – sollte jemals eine Partei wegen Verstößen gegen das Gemeinwohl zur Rechenschaft gezogen werden – würde sich ein solches Gebaren, wie es die CSU seit Monaten an den Tag legt, sicherlich strafmindernd auswirken.

Die Partei, die sich sonst in Bayern so gern staatstragend gibt und ihr Wirken zum Wohl der Bayern stets als unentbehrlich darstellt, verlässt sich in Augsburg einzig und allein auf das Geschick ihres Oberbürger- meisters. Obendrein soll seine persönliche Integrität ihr wohl helfen und ein Beleg dafür sein, dass nicht alle in der Partei auf den eigenen Vorteil aus sind. Politisch ist es allerdings eine Katastrophe, dass die Datschiburger-CSU (handlungs)unfähig ist. Allein aus diesem Grund muss man sich mit der Augsburger CSU einmal eingehender befassen, weil zu befürchten ist, dass die treibenden Kräfte der Partei derzeit wieder eifrig in Hinterzimmern unterwegs sind, um ihre künftigen Pfründe abzustecken und dabei Augsburg – wie so oft in der Vergangenheit – aus dem Auge verlieren. Aber bei dem aktuellen Personalangebot scheint es egal zu sein, was vorne oder hinten rauskommt.

Seit Menschengedenken haben die Augsburger Kon-servativen keinen Einzigen aus ihren Reihen hervorgebracht, der auch nur einen bescheidenen Einfluss auf die Landes-, Bundes- und Europapolitik genommen oder gar Brauchbares hinterlassen hätte. Wenn man all die Legislaturperioden der drei Parlamente zusammenrechnet, die zeitliche Präsenz der Augsburger CSU-Mandatsträger in diesen Gremien hinzufügt und dann die politische Relevanz aller ehemaligen und aktuellen CSU-Parlamentarier untersucht, dann kommt – grob gerechnet – in 150 Jahren nicht mehr als eine schwarze Null heraus.

Zwei Augsburger CSUler haben es immerhin bis in die Exekutive geschafft. Da gab es einmal den ehrenwerten Stefan Höpfinger. Der war immerhin von 1984 bis 1989 parlamentarischer Staatssekretär im Bundes- arbeitsministerium im zweiten Kabinett Kohl. (Anmerkung: Seine Nachfolge im Amt sollte damals der heutige Bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer antreten.) Und weil soeben der Begriff Staatssekretär gefallen ist, stößt man unwillkürlich auf einen Politiker, der ebenfalls einmal einer Regierung im zweiten Glied angehören durfte und heute wie kein anderer jene Augsburger CSU verkörpert, die jeden wertorien- tierten Konservativen erschauern und jeden liberalen Geist gleich die Flucht ergreifen lässt: Bernd Kränzle.

aus Ausgabe 02/2012

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