Ein Archtitekturgespräch mit Prof. Karl Ganser und Andy Brauneis
edition:schwaben:
Am 16. März 2014 fanden in Bayern Kommunalwahlen statt: Welche Rolle hat nach Ihrer Beobachtung in unserer Region die Stadtplanung gespielt im Wettbewerb der Parteien um die Wählergunst?
Karl Ganser: Wenn man den Kommunalwahlkampf im Bezirk Schwaben beobachtet hat: Das Thema Schönheit – ob das Schönheit der Landschaft ist, der Architektur oder der Stadt – hat überhaupt keine Rolle gespielt. Auf keinem Plakat, bei keinem Kandidaten. Interessant wäre gewesen, wie ein Kandidat abgeschnitten hätte, der voll auf dieses Thema gesetzt hätte. Ich behaupte: gut. Aber es macht keiner.
Andy Brauneis: Ich bin etwas differenzierter, weil ich glaube, dass der Aspekt Schönheit nicht so fest verankert ist. Es wäre notwendig, gezielt mit einer Bewusstmachung von Schönheit an die Leute zu gehen: Was ist eigentlich Qualität in der Architektur, im Städtebau? Wo
kann ich es festmachen? Das sind keine mathematischen Gleichungen, die man aufmacht – und am Schluss gibt es eine richtige Lösung.
edition:schwaben:
Was wäre das Bild zum Wahlplakat gewesen für den Kandidaten, der mit Schönheit hätte werben wollen? Was ist denn das Schöne in der Stadt?
Karl Ganser: Da käme man automatisch auf die Maximilianstraße in Augsburg, einer der schönsten Stadträume in Europa. Man kann auch erklären, warum das schön ist: Das ist eben ein Stadtraum und nicht nur eine Straße, hinten ein Abschluss mit der Ulrichskirche und vorne ein Abschluss mit dem Rathaus, mit einer Parzellen- und Traufstruktur, mit der Möglichkeit, die Giebelseite zu variieren, aber nicht völlig aus dem Rahmen zu fallen. Damit haben wir im Wesentlichen schon bestimmt, was die Schönheit der Stadt im alten Europa ausmacht.
Andy Brauneis: Aber wo entsteht das Bewusstsein für das Schöne? Das müsste ja irgendwo anfangen. Das Bewusstsein für Kunst und Architektur muss bereits angelegt sein …
Karl Ganser: Ich behaupte, jeder Mensch bekommt genetisch ein solides Gefühl für Schönheit in die Wiege gelegt – das ist meine Erfahrung. Dieses Gefühl wird im Laufe der Zeit durch politische und wirtschaftliche Interessen verdorben. Das heißt: Es ist nicht die breite Masse zu schulen, sondern die kleine Gruppe der Verderber. Und an die kommt man nicht ran.



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