Die Krippentradition in Bayerisch-Schwaben wurde 1618 mit der Jesuitenkrippe in Mindelheim begründet. Das dortige Krippenmuseum zeigt, wie sich diese religiöse Volkskunst im Laufe der Jahrhunderte entwickelt hat. Zu den Exponaten des Hauses gehört auch das erste Christkind der Welt.
In der Weihnachtszeit bevölkern zahlreiche Krippenfiguren die Jesuitenkirche Mariä Verkündigung in Mindelheim. Einige von ihnen sind über 400 Jahre alt und damit die ältesten in Bayerisch-Schwaben. Zu verdanken hat die Stadt im Unterallgäu diesen kulturhistorischen Schatz den Jesuiten, die sich 1618 in Mindelheim niederließen und noch im selben Jahr ihre Krippe aufbauten – damals ein absolutes Novum nördlich der Alpen. Maria, Josef & Co. wurden dabei keineswegs statisch angeordnet, sondern formierten sich im Verlauf des Advents immer wieder neu. Seit einigen Jahren orientiert man sich in Mindelheim wieder an dieser ursprünglichen Bespielung der Krippe und stellt ab dem ersten Advent bis zu Maria Lichtmess verschiedene Szenen der biblischen Erzählung nach: angefangen bei der Verkündigung über die Herbergssuche bis zur Geburt Christi und der Anbetung der Heiligen Drei Könige. Den Abschluss der Krippe bildet in der aktuellen Weihnachtszeit erstmals nach rund achtzig Jahren wieder die Hochzeit zu Kana im Januar. Die gesamte Krippengesellschaft umfasst heute noch neunzig Figuren, die bis zu einem Meter groß sind. Alle gleichzeitig sind allerdings nie zu sehen. „Die Jesuiten haben die Krippe im Zuge der Gegenreformation als Medium der Verkündigung erfunden“, erklärt Friederike Haber, Museumsleiterin des Schwäbischen Krippenmuseums, das sich seit 1989 im Jesuitenkolleg neben der Kirche befindet. Man habe damit den katholischen Glauben anschaulich transportieren wollen. „Ein Bild ist besser als das gesprochene Wort, aber 3D ist natürlich noch fesselnder“, bringt es die Kunsthistorikerin auf den Punkt. Als Friederike Haber 2011 die Stelle der Museumsleiterin übernahm, ging es erst einmal ans Ausmisten. „Jeder, der irgendeine Krippe hatte und sie nicht mehr wollte, hat sie hier abgegeben“, erklärt Haber das Sammelsurium, das sie damals im Depot vorfand. Das passiere auch heute noch gelegentlich: „Manchmal habe ich wie so ein Findelkind eine Krippe vor der Tür stehen.“ Für die schwäbische Ausrichtung der Sammlung fing Haber an zu entsammeln. Überhaupt wurde das ganze Haus damals gründlich entstaubt und das Museum 2018 wiedereröffnet. Seither präsentiert es Krippen aus dem schwäbischen Raum.
POMPÖSE KRIPPEN AUS DEM BAROCK
Mit ihrer Großkrippe haben die Jesuiten den Grundstein gelegt für die Entwicklung einer Krippenkultur in Mindelheim und der Region. Im Barock präsentierten sich die Krippen zunehmend als pompös-theatralische Anlagen, deren Fokus nicht mehr ausschließlich auf der Darstellung des religiösen Geschehens lag. Sie waren durchaus auch künstlerische Spielwiesen der Krippenbauer, die in zahlreichen Szenerien ihr Können und ihre Liebe für das Überbordende ausleben konnten.



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