Ausgabe 04/2017 · Wirtschaft

„Augsburger Allgemeine“ im Sinkflug

Nahezu 60 Jahre lang saßen die deutschen Verleger, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs von den westlichen Besatzungsmächten die Lizenz zur Herausgabe einer Zeitung erhalten hatten, auf einer Goldader. Die gut zwei Dutzend westdeutschen Verlegerfamilien der alten Bundesrepublik und ihre Nachkommen sind alle – spätestens seit den 1970er-Jahren – mehrfache Vermögensmillionäre. Ganz gleich, ob sie als Verleger nationale oder regionale Ambitionen verfolgt hatten.

Doch ausgerechnet das mit so viel Zuversicht verknüpfte Jahr 2000 sollte für die Zeitungs- und Zeitschriftenverlage weltweit eine Zeitenwende einleiten: Digitale Prozesse revolutionierten die Informations- und Kommunikationstechnik. Das Internet löste das gedruckte Wort als erstrangigen Überbinger von Nachrichten in Windeseile ab und stürzte die Zeitungsbranche in eine bis heute anhaltende Sinnkrise. Georg Christoph Lichtenbergs Maxime, mehr als das Blei in der Flinte verändere das Blei im Setzkasten die Welt, hatte nach 250 Jahren seine Gültigkeit und die Tageszeitungen für immer ihre Sonderstellung im Journalismus verloren.

Diese Malaise sollte auch vor dem größten bayerisch-schwäbischen Verlagshaus, der Augsburger Presse Druck- und Verlags-GmbH, die die „Augsburger Allgemeine“ (AZ) herausgibt, nicht haltmachen. Die verkaufte Auflage des Flaggschiffs „Augsburger Allgemeine“ (inklusive „Allgäuer Zeitung“) sinkt seit dem Jahr 2000 unaufhaltsam und dürfte nach vier Jahrzehnten in 2018 erstmals unter die magische Zahl von 300.000 Exemplaren fallen. Damit verbunden ist ein signifikanter Verlust an gesellschaftlichem und politischem Einfluss. Die publizistische Macht, die der „AZ“ über viele Jahre eingeräumt worden war, bröckelt. Dafür sorgen die weitere Digitalisierung des Alltagslebens und der tiefgreifende Wandel im Medienverhalten aller Gesellschaftsschichten. Dem Unternehmen „Pressedruck“ und den Gesellschaftern geht es trotzdem prächtig: Das Hamburger „manager magazin“ schätzte jüngst die beiden Enkelinnen des AZ-Gründers Curt Frenzel 500 Millionen Euro schwer.

aus Ausgabe 04/2017

Das besondere Magazin für die erfolg-
reichen Seiten einer Region wurde
ausgezeichnet mit dem Bayrischen
Printmedienpreis 2010
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