Ausgabe 02/2015 · Messechef Gerhard Reiter

Die Angst, dass der Auftrieb abreisst

Seit gut fünf Jahren können die sechs Gesellschafter der Messe Augsburg durchatmen: Die Augsburger Schwabenhallen Messe- und Veranstaltungsgesellschaft mbH, wie die Messe Augsburg offiziell firmiert, ist aus dem Gröbsten raus, seit Gerhard Reiter im Januar 2010 die Geschäfte des langjährigen Sorgenkindes von Stadt Augsburg, des Bezirks Schwaben, der Landkreise Augsburg und Aichach-Friedberg, der Industrie- und Handelskammer sowie der Handwerkskammer Schwaben übernommen hat. Jetzt, da die Messe Augsburg nach zwei Jahrzehnten erstmals Luft und den Flügeln hat, scheinen jedoch die Gesellschafter in den alten Trott zu verfallen und nur mit einem Ohr zuzuhören, wenn der Messechef neue Investitionen anmahnt.

Ein Befund über die aktuelle Verfassung der Augsburger Messe lässt sich immer noch nicht ohne einen kurzen Rückblick erstellen: 20 Jahre lang – von 1990 bis 2010 – hat die Stadt Augsburg als Mehrheitsgesellschafter alles versaubeutelt, was nur zu versaubeuteln war. Gerhard Leypoldt, der ehemalige Messe- und Vorstandschef der Augsburg AG und langjährige Intimus des letzten Augsburger SPD-Oberbürgermeisters Paul Wengert, hatte nichts außer Luftschlösser (Messehotel plus Einkaufszentrum) hinterlassen, als er 2009 Hals über Kopf Augsburg gen Fernost verließ. Zur „asiatischen Fata Morgana“ im Rahmen der Augsburger Frühjahrsausstellung 2007 hatten noch ein schwäbischer Regierungspräsident und Repräsentanten der IHK Schwaben übermütig mit thailändischen Prinzessinnen den Ententanz aufgeführt. Dabei war es bereits ein Tanz auf dem Vulkan, denn damals war die Messe Augsburg de facto platt.

Im Nachhinein kommt es einem Wunder gleich, dass der Nürnberger Messeprofi Heiko Könicke mit seiner AFAG Messen und Ausstellungen GmbH in diesem Chaos seine internationalen Leitmessen für Aufzugstechnologie und Schleiftechnik, „interlift“ und „GrindTec“ in Augsburg mit Erfolg veranstalten konnte. Licht am Ende des Tunnels konnten die Messe-Gesellschafter – Stadt Augsburg 64,09 Prozent, Landkreis Augsburg 20,44 Prozent, Bezirk Schwaben 4,43 Prozent, Landkreis Aichach-Friedberg 3,96 Prozent, IHK und Handwerkskammer Schwaben jeweils 3,54 Prozent – erst ausmachen, als der heutige Augsburger Oberbürgermeister Kurt Gribl gegen die Widerstände im Wirtschaftsausschuss des Stadtrats im Alleingang den Messefachmann Gerhard Reiter von Karlsruhe an den Lech lotsen konnte. An der Autobahnraststätte Augsburg-Ost wurden sich damals Reiter und Gribl handelseinig. Als Reiter schließlich im Januar 2010 die Geschäftsführung der Messe Augsburg übernahm, fand er verbrannte Erde vor. Auch die IHK Schwaben, die sich sonst so gern auf ihre Wirtschaftskompetenz beruft, hatte wie ihre „Schwester“, die Handwerkskammer Schwaben, jahrelang zugesehen, wie die Augsburger Messe unter Leypoldt auf einen Crash zusteuerte.

aus Ausgabe 02/2015

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