Schwabens Banken kämpfen mit Fusionen und zahlreichen Filialschließungen gegen ihre Ertragsschwäche. In Augsburg ist ein Zusammengehen von Stadtsparkasse und Kreissparkasse Augsburg längst überfällig.
Sich mit der Gezeitenkunde zu befassen, mag nicht zu den Aufgaben von Vorständen, Aufsichts- und Verwaltungsräten einer Bank gehören, wenn sie nicht gerade in einer Küstenregion ihren Geschäften nachgehen. Doch es kann in diesen Zeiten auch für Banker im Alpenvorland äußerst hilfreich sein, zu wissen, welche Ursachen eine Springflut auslösen. In unserem Sonnensystem ist dies der Fall, wenn Sonne, Mond und Erde sich auf einer Geraden befinden und sich die Auswirkungen der Gravitation auf unserem Heimatplaneten vervielfachen. Und in einer vergleichbaren Situation befindet sich heute die Geld- und Kreditwirtschaft. An ihrer Substanz zerren ähnlich starke Kräfte, wie sie bei einer Springtide auftreten: Es sind zum einen die zunehmenden regulatorischen Anforderungen der Europäischen Bankenunion und der Siegeszug des Onlinebankings, die Geldhäuser in Fusionen treiben und radikale Einschnitte in ihre etablierten Filial- und Vertriebsstrukturen erzwingen. Befeuert wird diese Entwicklung zum anderen durch das seit Jahren niedrige Zinsniveau und das bevorstehende Inkrafttreten der neuen, strengeren Eigenkapitalregeln nach Basel III. Sie schreiben eine Erhöhung der Qualität, Konsistenz und Transparenz der Eigenkapitalbasis zwingend vor. Direktbanken, Kreditkartenfirmen und der Trend zum Mobile Payment attackieren ebenfalls das bisherige Geschäftsmodell der Sparkassen, Genossenschafts-, Volks- und Privatbanken. Mit dem Schönwetter-Banking ist es also endgültig vorbei. Manche schwäbische Bank wird in den nächsten zwei, drei Jahren erstmals zeigen müssen, dass ihr Jahresergebnis auch ohne die früher reichlich sprudelnden Zinserträge aus dem klassischen Brot-und-Butter-Geschäft vorzeigbar ist.
Richard Fank, Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Augsburg, klagte bereits bei der Bilanzpressekonferenz seines Hauses Anfang Februar: „Angesichts der andauernden Phase historisch niedriger Zinsen fällt es schwer, mit eigenem Geschäft nennenswerte Zinserträge zu erzielen.“ Das Eingeständnis von Fank, dass „auch die Kreissparkasse unter enormem Kostendruck steht“, belegt, dass sich bayerisch-schwäbische Banken von der internationalen Entwicklung nicht abkoppeln können oder sich im Einzelfall sogar viel zu spät mit den Folgen der digitalen Revolution im Geldgewerbe beschäftigt haben. Walter Pache, der Sprecher des Sparkassen-Bezirksverbandes Schwaben und Vorstandschef der Sparkasse Günzburg-Krumbach, hat deshalb Anfang Mai auf der Mitgliederversammlung seiner Organisation in Schrobenhausen appelliert, vor allem die Schlagzahl bei der Reorganisation der Vertriebsstrukturen deutlich zu erhöhen: „Aufgabe der Sparkassen wird es sein, sich schneller und entschlossener als bisher darum zu kümmern, ihre Strukturen zu reformieren und effektiver zu arbeiten.“ Schnelles Kräftebündeln und Konzentrieren, Aufräumen und Umbauen, Fusionieren lautet also die Agenda der Geldhäuser, auch wenn nicht alle Banker in Bayerisch-Schwaben dieses Ziel mit der nötigen Ernsthaftigkeit und Konsequenz zu verfolgen scheinen.



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