Ausgabe 02/2020 · Baukultur

Ein lichtdurchfluteter Schmetterling

Der Augsburger Architekt Volker Schafitel hat in einer grünen, betuchten Ecke Königsbrunns einen Bungalow platziert, der wegen seiner Leichtigkeit zu schweben scheint.

Architekten sind immer dann besonders gefordert, wenn das Stilempfinden, der ästhetische Anspruch der Bauherrin und des Bauherrn sich mit dem Geläufigen, dem Etablierten nicht zufriedengeben. Noch eine Spur kniffliger wird die Aufgabe für den Planer, wenn er dem Geschmack von Persönlichkeiten gerecht werden muss, die über einen ausgeprägten Schönheitssinn verfügen und sich an Bildender Kunst erfreuen. Da ist dann Schluss mit Nullachtfünfzehn-Architektur, da ist dann durchdachte Kreativität gefragt. Volker Schafitel scheint jedenfalls ein Händchen dafür zu haben, ein modernes Objekt so schick und elegant in ein kleines Cottageviertel zu integrieren, dass das Gebäude auf den ersten Blick durch seine Lässigkeit überzeugt und auf den zweiten durch seine Qualität besticht. Außen und innen. Der lichtdurchflutete Bungalow fläzt sich mit einer Nonchalance auf das 1.000 Quadratmeter große Grundstück, dass man das Gefühl hat, er hebt wie ein Schmetterling jeden Augenblick vom Rasen ab.

Vorher stand auf dem Areal ein Holsteinhaus, ein schlüsselfertiger Klinkerbau der 1970er-Jahre wie er im Norden der Republik überall anzutreffen ist. Schafitel schob bis auf die Kellermauern alles weg und duplizierte de facto den Grundriss des Altbaus so, dass dieser von oben betrachtet heute die Form eines Schmetterlings angenommen hat. Der Flachbau orientiert sich mit der Schauseite, in die mittig ein rechteckig verlaufendes, durch die Seitenflügel geschütztes Atrium eingeschnitten ist, nach Süden. Von der Terrasse wandert der Blick über einen sorgsam gepflegten Rasen, schweift über eine Reihe von Büschen nach rechts ab und macht Halt bei einem zwei mal sechs Meter großen Flachwasserbecken, das auf Kniehöhe aus einem Betonschlitz der westlichen Begrenzungsmauer des Grundstücks gespeist wird. Wasser ist für die Dame des Hauses seit jungen Jahren inspirierendes Lebenselixier und nach wie vor ungebrochene Passion. Das feuchte Element, das Augsburg den Titel „Weltkulturerbe“ beschert hat, teilt die Bürger der Stadt – so erzählen Eingeweihte – „weltanschaulich“ sogar in zwei Fraktionen: Sie sind entweder Jünger der Wertach oder Groupies des Lechs. In dem Königsbrunner Domizil mit seinem todschicken Interieur à la mode genießt der Lech den Vorzug.

aus Ausgabe 02/2020

Das besondere Magazin für die erfolg-
reichen Seiten einer Region wurde
ausgezeichnet mit dem Bayrischen
Printmedienpreis 2010
.