Ausgabe 01/2024 ·

Veronika Eberle: Gelassen auf die Weltbühne

Trist und grau wirkt das Augsburger Umland an diesem Morgen. Wer bereits unterwegs ist, scheint es ein wenig eiliger als sonst zu haben. Wer hingegen kurz innehält, vermag die außergewöhnlich klaren und dennoch leisen Töne zu vernehmen. Ganz zart schweben sie von der Pfarrkirche Christkönig aus herüber. Wer seine Pläne angesichts dieser bruchstückhaften, klassischen Eleganz über Bord wirft, sich von den sanften Kompositionen leiten lässt und die schwere Kirchentür öffnet, wird in einen musikalischen Bann gezogen,
der ansonsten das internationale Publikum von London über Tokio bis New York zu stetigen Standing Ovations und „Bravo“-Rufen veranlasst. Veronika Eberle wirkt regelrecht versunken in ihr virtuoses Spiel, die Augen geschlossen, der Körper den Klängen ihrer Violine folgend, während sich dabei gleichzeitig ein Kreis schließt. Debütierte sie doch als Sechsjährige hier, in der Nordendorfer Kirche, mit ihrem ersten Konzert. Und das nach einem halben Jahr Geigenunterricht. Heute kann man diese bedeutungsvolle Szenerie gekonnt überhöhen: Veronika Eberle trug ihr Können von Schwaben hinaus in die Welt.

MUSIKALISCHE FRÜHERZIEHUNG MAL GANZ ANDERS
Eine Violine. Vier Saiten. Ein Bogen. Was sich so lapidar anhört und gemeinhin als schwerstes zu spielendes Instrument gilt, löste bei der jungen Veronika auf Anhieb eine unbeschreibliche Faszination aus. Und bei den Eltern, Ärztepaar mit musikalischer Verbundenheit, erstmal ein Veto. Denn nach der musikalischen Früherziehung, bei der die Lehrerin den Eltern bereits bescheinigte
„die hört gut“, möchte die Mutter, dass Veronika sich erstmal dem Klavier widmet. Schließlich steht ja eins daheim. Die Tochter hingegen will ihrer Freundin, die mit der Geige beginnen darf, nacheifern. Der Mutter zuliebe nimmt Veronika widerstrebend Klavierstunden „und fand das natürlich total blöd“, wie sie heute lachend zugibt. Erst als der Großvater der Enkelin seine alte Geige vom Dachboden mitbringt, ändert sich alles. „Ich weiß heute noch, wie ich mit sechs Jahren in unserem Garten stand und fasziniert die Saiten dieser Riesengeige gestrichen habe. Ab diesem Moment hat mich etwas zutiefst berührt und fasziniert“, erinnert sich Veronika Eberle.

aus Ausgabe 01/2024

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