Oldtimerfreunde sind stolz auf ihr Gefährt und leben ihre automobile Leidenschaft nach allen Regeln der Kunst. Sie genießen es, mit ihren alten Karossen über Land zu fahren. Stilecht. In passender Kleidung aus jener Zeit, als ihre Wagen die Straßen eroberten.
Zu den Ausfahrten wird das wertvolle Stück fein säuberlich poliert aus der Garage geholt, zur Schau gestellt und mit Grandezza angeschmissen. Jedes Auto und sein Besitzer haben ihre eigene Geschichte. Meist eine wundersame.
Seit genau zwölf Jahren fährt Hubertus Holzbock seinen Oldtimer. Der Besitzer des 5-Sterne-Hauses „Fontenay“ in Bad Wörishofen ist seit über 30 Jahren Hotelier aus Leidenschaft, der das Besondere sehr wohl zu schätzen weiß. Mit seinem „kleinen Schloss“, wie er sein exquisites Hotel liebevoll nennt, hat er sich seinen ersten Jugendtraum erfüllt. Sein zweiter war ein schwarzer Mercedes 300 Adenauer Cabriolet. Auch der sollte, wenn auch knapp 20 Jahre später, in Erfüllung gehen. Schon als Junge bestaunte er die Nobelkarosse, die in den Wirtschaftswunderjahren wie eine automobile Fata Morgana auf deutschen Straßen auftauchte.
Da Holzbock aus Erfahrung von den unausbleiblichen Nebenwirkungen seines Lieblingsspruchs, „Es war schon immer etwas teurer, einen besonderen Geschmack zu haben“, wusste, ließ er die Suche nach dem prestigeträchtigen Mercedes-Modell mit Gemach angehen. Als er jedoch 1992 in den USA einen „Adenauer“ mit roten Ledersitzen, Baujahr 1951, sechs Zylindern, 115 PS, an einer Tankstelle entdeckte, und der Wagen zu haben war, war es um seine Zurückhaltung geschehen. Holzbock griff zu. „Das Auto war zwar überholungsbedürftig, aber komplett erhalten. Ich habe es in einem Container auf dem Seeweg nach Deutschland geholt“, erzählt der Hotelier von seiner ersten Begegnung mit dem „staatstragenden“ Oldtimer. Gute Freunde und eine Riesenportion Geduld gepaart mit Cleverness hat es dann gebraucht, den Mercedes liebevoll zu restaurieren. Über besagte „Nebenwirkungen“ schweigt sich der gewiefte Geschäftsmann Holzbock aus. Man kann nur erahnen, dass eine solche Liebschaft sündhaft teuer zu sein scheint. Nun hat er ein wahres Prunkstück in seinem Besitz, dessen Lack aber liebevoll gepflegt und poliert werden muss. Diese Aufgabe übernimmt inzwischen immer öfter Holzbocks Sohn Moritz. Er scheint ebenfalls der Liebe zu alten Autos verfallen zu sein, denn er poliert so lange, bis jedes Teil picobello glänzt.
Warum gerade ein Oldtimer? „Das Hotel und das Auto passen bestens zusammen. Beides war ein Jugendtraum von mir. Beide sind alt. Aber in bester Verfassung. Ich liebe Klassiker. Seien es alte Autos oder gediegene Häuser“, schwärmt der Hotelier. Einmal im Jahr veranstaltet er seine eigene Ausfahrt, die „Fontenay Classics“, zu der er Freunde und Gäste des Hauses einlädt. Die eintägige Privatrallye geht quer durch das Allgäu. Besonders gefällt ihm, dass man mit einem Oldtimer immer wieder interessante Menschen kennen lernt, die wie er das Außergewöhnliche schätzen und zugleich der Moderne gern ein Schnippchen schlagen.
Siegfried Wilcke kommt aus dem Norden und gibt jenen Bilderbuch-Preußen, wie ihn jeder gestandene Bayer vor Augen hat, wenn er an einen Junker denkt. Wilcke war lange Jahre Offizier, ehe er sich beruflich der Rüstungsindustrie zuwandte. Heute lebt er in Windach am Ammersee und „ist in einem Alter, wo alles nur noch besser werden kann“. Wilcke pflegt elegante Umgangsformen und einen gehobenen Stil der Konversation. Die Rolle eines ein wenig verschrobenen Gentlemans scheint ihm auf den Leib geschneidert zu, wenn er sich nonchalant hinter das Lenkrad seines Oldtimers schwingt. Er fährt den Wagen nicht. Er bewegt ihn. Seine Leidenschaft für alte Autos hat er schon sehr früh entdeckt. Sein liebstes Stück ist ein blau-schwarzer Morris 8 aus dem Jahre 1938. „Ich wollte in die Königsklasse der automobilen Welt der Vorkriegsjahre“, so Wilcke. „Dadurch kann man dem Zeitgeist entfliehen und die Schönheit der automobilen Langsamkeit für sich entdecken.“ Den Morris hat er vor zwölf Jahren in Pewli in Südengland, dem größten Oldtimermarkt des Vereinigten Königreichs, erworben.
Einen Morris fuhren früher vorwiegend Landärzte und im Ruhestand befindliche Offiziere der britischen Armee, die sich diese Fahrzeuge für 130 Pfund gerade noch leisten konnten. Wilcke über seine Rarität: „Für mich ist dieses Fahrzeug nicht ein Gefährt auf vier Rädern, sondern eine äußerst gelungene Symbiose aus Leder, Holz und Metall – wie eine Kathedrale auf Rädern. Außerdem ist der Morris sehr robust und langlebig“. In seinen Wagen setzt sich Wilcke nur in formvollendeter Adjustierung. Dazu gehören die Kreissäge, eine klassische Kopfbedeckung aus den 30er-Jahren, und eine Clubjacke mit entsprechendem Emblem.