Ausgabe 02/2012 · Wirtschaft

LEW-Vorstandsmitglied Norbert Schürmann: Kein einzelner ist stärker als ein Team!

Norbert Schürmann hat sich als neues Vorstandsmitglied der Lechwerke klare Ziele gesetzt, um auch in der Region die Herausforderungen der Energiewende erfolgreich zu meistern und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Bayerisch-Schwaben zu erhalten.

In seinen Augen muss die künftige Energielandschaft die wirtschaftlichen Interessen des produzierenden Gewerbes berücksichtigen sowie die Versorgungssicherheit und die Netzstabilität gewährleisten. Der politische Auftrag, in Bayern bis zum Jahr 2022 die Hälfte des gesamten Energiebedarfs aus erneuerbaren Energien gewinnen zu wollen, werde alle Beteiligten wirtschaftlich, technisch und von der zeitlichen Vorgabe bis an ihre Leistungsgrenzen fordern. Schürmanns Bestreben wird es außerdem sein, immer wieder den Konsens mit den Bürgern zu suchen, wenn sich regionale Konfliktpunkte bei der technischen Umsetzung der Energiewende ergeben sollten: „Die LEW bietet bereits heute einen intensive Bürgerdialog an. Wir wollen als fairer Partner gesehen werden, der im Versorgungsgebiet – wie schon in der Vergangenheit – immer wieder auch als innovativer Projektentwickler in Erscheinung treten wird.“

Für das LEW-Vorstandsmitglied genießt die Versorgungssicherheit für Industrie und Privathaushalte trotz aller Unwägbarkeiten, die die Energiewende noch mit sich bringen wird, höchste Priorität. Schürmann kennt aus eigener Erfahrung, welche dramatischen Auswirkungen unvorhergesehene Unterbrechungen der Stromversorgung für Unternehmen haben können. Ehe er in den LEW-Vorstand berufen worden war, hat er als Vorstandsvorsitzender der Východoslovenská energetika a. s. in Kosice, der slowakischen RWE-Tochter, erleben müssen, dass wegen mangelhafter Infrastruktur und Leitungsnetze im Jahr durchschnittlich der Stromfluss für 200 Minuten aussetzte. Von einer Sekunde auf die andere standen dann in den Firmen die Produktionsbänder still. Schürmann: „Das Netz der Lechwerke bietet hingegen beste Versorgungsqualität.“ 2011 lag die LEW-Ausfallzeit bei elf Minuten im Jahr und damit noch deutlich unter dem deutschen Durchschnittswert von 16 Minuten, der im europäischen Vergleich einsame Spitze ist. Schürmann macht sich trotzdem Sorgen, weil das „schnelle Ausbautempo bei den Erneuerbaren nicht mit dem schnellen Netzausbau einhergeht“, die die zunehmende dezentrale Stromerzeugung durch Windparks und Solarfelder zwangsläufig mit sich bringt. Allein innerhalb des letzten Jahres ist die Zahl der einspeisenden Solaranlagen im LEW-Gebiet von 42.000 auf 52.000 gestiegen. Dies belastet – neben den stark zunehmenden Eingriffen der Übertragungsnetzbetreiber – zusätzlich die Netzstabilität. Schürmann erwartet deshalb für den kommenden Winter erneut „angespannte Situationen im Übertragungsnetz“. Die Fortsetzung des beschleunigten Netzausbau in der Region ist für Schürmann eine der vorrangigen Aufgaben, an der sich die Lechwerke beteiligen müssen.

Schürmann nimmt sich im Gespräch mit edition:schwaben auch des heiklen Themas der Strompreisentwicklung in der Industrie an: Seit der Liberalisierung des Strommarktes im Jahr 1998 ist der Anteil von Steuern und Abgaben von zwei Prozent auf 39 Prozent inklusive Stromsteuer gestiegen. Im europäischen Vergleich der Strompreise für Industrie- betriebe lag in Deutschland im ersten Halbjahr 2011 eine Kilowattstunde bei einem Jahresstromverbrauch von 500 bis 2.000 MWh 9 Cent. Wohlgemerkt ohne Steuern, Abgaben und Umlagen. Mit Steuern, Abgaben und Umlagen kamen im Schnitt 16,68 Cent heraus. Damit lagen 2011 die deutschen Strompreise für Industriebetriebe im europaweiten Vergleich nach Dänemark, Zypern, Malta und Italien an fünfter Stelle und um 3,16 Cent über dem Durchschnitt der 27 EU-Länder. Die benachbarte Industrienation Frankreich mit 10,14 Cent pro kWh ist dagegen ein Billigstromland für das produzierende Gewerbe. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das seit dem Jahr 2000 die Produktion von Strom aus erneuerbaren Quellen fördert und deren Erzeugern eine feste Einspeisungsvergütung garantiert, hat den Strompreis zusätzlich massiv unter Druck gesetzt. Die jüngste Gesetzesinitiative, die Einspeisevergütungen für EE-Strom wegen der geradezu explodierenden Subventionskosten abzusenken, ist erst im Frühjahr im Vermittlungsausschuss gescheitert.

aus Ausgabe 02/2012

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