Ausgabe 03/2023 ·

Im Farbenrausch

Dick auftragen? Das ist hier, in der schwäbischen Marktgemeinde Diedorf, nicht so ihr Stil. Dabei könnte das mittelständische Unternehmen Keimfarben, dessen Hauptsitz sich in dem knapp 10.000 Einwohner zählenden Städtchen westlich von Augsburg befindet, jetzt ein wahres „Who‘s Who“ der weltweit bekannten Gebäude präsentieren. Gemäß dem Motto: Dein Bauwerk. Unsere Farbe. Stattdessen chiffrieren kurze Zahlenkombinationen wie 812285, 9162 oder 9006, welches Gebäude mit jenen exklusiv ausgeklügelten Mischungen in Szene – Pardon – in Farbe, gesetzt wurde. 250.000 Rezepturen sind so in den vergangenen
Jahrzehnten entstanden, jedes Jahr wächst die Farbkollektion um 6.000 neue Mischungen. Ganz gleich, ob ein Kunde das Stück einer Krawatte in der bevorzugten Farbe einschickt, jemand die Pigmentierung einer Serviette als streichfähige Essenz wünscht, oder aber von einer Farbe aus dem vorherigen Jahrhundert eine Nachbestellung vornehmen lassen möchte – die Mitarbeiter setzen jeden noch so seltsam anmutenden Wunsch um. Dazu experimentieren sie mit Pigmenten – allesamt „Made in Germany“ – bis dann das geschulte Auge und der gewünschte Farbton übereinstimmen. So verwundert es nicht, dass der Farbhersteller von ökologischen Silikatfarben heute zu den Weltmarktführern seiner Branche zählt und der simple, aber umso ausdrucksstärkere
Slogan „Farben für immer“ das Credo des Unternehmens ist. Doch wie kam es dazu? KÖNIGLICHE VERFÜGUNG Wo Bedarf ist, wird geforscht. Auslöser dafür war Ende des 19. Jahrhunderts der bayerische König Ludwig I. (1786 – 1868). Der Kunstliebhaber kehrte von einer Reise aus Norditalien zurück, fasziniert von den farbenprächtigen Kalkfresken, die er dort gesehen hatte. Diese Farbenpracht wollte er auch im heimischen
Bayern genießen. Für das hiesige, raue und feuchte Wetter waren die italienischen Farben jedoch nicht robust genug, sie verblassten schnell. Daher rief der Monarch die bayerische Wissenschaft auf, eine Farbe zu entwickeln, die wie Kalk aussieht, aber über einen längeren Zeitpunkt haltbar ist.

aus Ausgabe 03/2023

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