Ausgabe 01/2024 ·

Rocket Factory: „Go humans go!”

In den ehemaligen Produktionsstätten des LED-Anbieters Osram an der Berliner Allee geht es an diesem Morgen emsig zu. In den hohen Hallen wird geschweißt, gerechnet und geschraubt. „Jede Minute zählt“, erklärt Dr. Stefan Brieschenk, 38, COO des
Raketen-Startups Rocket Factory Augsburg. Denn der erste Start ist für diesen Sommer avisiert.

 

Herr Dr. Brieschenk, wie erklären Sie einem Laien, was die Rocket Factory Augsburg macht?
Wir bauen Raketen. Allerdings ganz anders, als zuletzt Raketen gebaut wurden. Wir bauen diese Raketen mit standardisierten Methoden, Prozessen und Komponenten aus anderen Industrien und somit auf einem Kostenniveau, das in der Raumfahrt bisher nicht bekannt ist.

Klingt wie ein All-Discounter …
Das kann man so sagen (lacht). Die Struktur unserer Rakete bildet ein Edelstahltank, der normalerweise als Brauereitank dient. Natürlich mit anderen Spezifikationen. Aber der Hersteller, dessen Fertigungsanlage und deren Kostenstruktur ist die gleiche. Aus diesen Tanks entstehen normalerweise Biertanks. Anderes Beispiel: Wenn wir Ventile für den Raketenmotor benötigen, spezifizieren wir diese nicht neu, so dass sie dann speziell für uns gebaut werden müssen und dann 10.000 Euro pro Stück kosten würden. Wir gehen stattdessen, und das ist neu, eher den Amazon-Weg. Wir suchen auf Portalen nach Herstellern, welche die benötigten Tanks oder Ventile bereits millionenfach produzieren und versuchen dort anzudocken. Sprich, wir bitten die Hersteller, uns eine abgeänderte Version anzubieten, mit Anpassungen, die schnell und kostengünstig machbar sind. Dadurch bekommen wir Preise, die in der Raumfahrt bisher unbekannt sind.

Wie reagieren die Hersteller, wenn ein Raketen-Startupauf sie zukommt?
Erst mal mit Verwunderung, dann oftmals mit Angst, weil sie natürlich sagen: ‚Halt, das ist ein Industrieventil, das kann man doch nicht ins All schießen.‘ Wir versuchen dann, unsere Anforderungen im Detail zu erklären und arbeiten gemeinsam an den benötigten Änderungen. Das ist die problematische Phase, wenn die Änderungen zu teuer sind, scheitert das Projekt. Aber sobald die Hersteller verstanden haben, worum es geht, sind sie unglaublich positiv gestimmt, wollen dabei sein und finden meistens einen Weg.

aus Ausgabe 01/2024

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