Ausgabe 04/2013 · Weltbild

Der Anfang vom Ende des Carel Halff

Weltbild: High Noon an der Steinernen Furt – Teil 2: Wohin steuert Weltbild? Vier Jahre lang hat die Weltbild-Geschäftsführung um Carel Halff (62) die tiefgreifenden strukturellen Veränderungen im Buchhandel scheinbar nicht zur Kenntnis nehmen wollen und das Verlagsschiff sehenden Auges in schwere See manövriert (edition:schwaben – Ausgabe 3/2013:„High Noon an der Steinernen Furt“). Noch Ende Oktober wollte Halff sich nicht eingestehen, dass das Unternehmen ohne Hilfe von außen nicht mehr überlebensfähig und zu einem Sanierungsfall mit ungewissem Ausgang geworden ist. In einem Interview mit der „Augsburger Allgemeinen“, das wohl seiner persönlichen Entlastung in der Öffentlichkeit dienen sollte, beteuerte der langjährige Weltbild-Chef, dass „die finanzielle Situation gut und vernünftig“ ist. Die mangelnde Wahrnehmung von Realitäten scheint vor dem Hintergrund der eingetretenen Entwicklung eine der wesentlichen Ursachen für den tiefen Fall des Augsburger Online-Händlers zu sein. Denn einen Tag vor Halffs Interview mit der Lokalzeitung wurde dem Weltbild-Chef mit Josef Schultheis ein Manager als Aufpasser zur Seite gestellt, der zur kleinen, deutschen Gilde von Sanierern und Restrukturierern zählt, die Unternehmen kurz vor oder während einer Insolvenz durch einen Gewaltakt noch auf Vordermann bringen sollen.

Weltbild, das sich in Augsburg über viele Jahre als Vorzeigefirma präsentiert hat, ist in Wahrheit so schwer angeschlagen, dass nur mehr eine Rosskur sein Überleben sichern kann. Während Halff die Lage des Konzerns nach wie vor nur als generell „angespannt“ beurteilt, würde ohne einen Kapitalschnitt und weitere finanzielle Zusagen durch die katho- lische Kirche für Weltbild wohl das Sterbeglöckchen läuten. Weiter können an der Unternehmensspitze die Vorstellungen von Traum und Wirklichkeit in einer existenzbedrohenden Krise nicht auseinanderklaffen.

Man muss Ende 2013 auf das Jahr 2009 zurückblicken, um nachvollziehen zu können, warum der katholischen Weltbild-Gruppe heute das Wasser bis zum Hals steht. Im Mai 2009 strich Weltbild in seinen Filialen erstmals rigoros 322 von 1.571 Stellen mit der Begründung: „Die Verlagerung von Umsätzen ins Internet macht diese Restrukturierung zwingend erforderlich … Nur so können wir auf Dauer den Systembuchhandel wirtschaftlich erfolgreich führen und die verbleibenden rund 1.250 Arbeitsplätze dauerhaft sichern.“ Mit welch einschneidenden strukturellen Problemen der deutsche Buchhandel insgesamt in unmittelbarer Zukunft konfrontiert werden würde, hätte das Weltbild-Management also bereits anno dazumal an den Kennzahlen im eigenen Haus ablesen und sich, wenn es nur gewollt hätte, auf die neuen Marktgegebenheiten einstellen können. Erschwerend kommt noch hinzu, dass Carel Halff bei der Vorstellung der Zahlen für das Geschäftsjahr 2009/10 verkündete, dass „85 Prozent der Neukunden über das Internet“ generiert würden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte das Unternehmen…

aus Ausgabe 04/2013

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