Ausgabe 04/2012 · LebensLust

Fesch & flott im Schneegestöber

Noch vor 150 Jahren ist in unseren Breiten niemand auf die Idee gekommen, auf zwei Holzlatten über den Schnee zu rutschen oder auf Kufen über zugefrorene Seen zu kurven. Die Landbevölkerung hatte im Winter, als die Feldarbeit ruhte, genug damit zu tun, ihre landwirtschaftlichen Geräte auf Vordermann zu bringen und Reparaturarbeiten am Hof durchzuführen. Die Männer gingen in der unwirtlichsten aller Jahreszeiten in den Wald, um Holz einzuschlagen. Die Frauen saßen am Spinnrad. Das Vergnügen im Schnee beschränkte sich auf eine Schneeballschlacht, auf Rodeln oder eine Ausfahrt mit dem Pferdeschlitten. Erst als norwegische Studenten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum „Schneeschuhlaufen“ – so nannte man damals die Fortbewegung auf zwei Holzlatten – in die Alpen kamen, machten es ihnen ein paar Förster, Jäger und Postboten nach, um leichter im Schnee voranzukommen. Bald begeisterten sich passionierte Bergsteiger für diese neumodische Sportart aus dem hohen Norden. Es waren die Anfänge des Skilaufs in den Alpen. Spätestens mit den Wirtschaftswunderjahren ist das Skifahren zum Breitensport und die Bekleidung für „das Twisten auf den Pisten“ zum Modeartikel geworden. Das Bauerhofmuseum Illerbeuren zeigt in seiner aktuellen Ausstellung „Très chic im Schnee“ die Geschichte der Wintersportmode.

Vor gut 150 Jahren entdeckten die Norweger den Skisport als winterliches Freizeitvergnügen. Die Landschaft Telemarken gilt gemeinhin als Wiege des alpinen Skifahrens. Es dauerte keine dreißig Jahre, bis in den 1890er-Jahren dann die Mitteleuropäer den alpinen Skilauf für sich entdeckten. Das Bild aus dem Alpinmuseum in München stammt aus dem Jahr 1890 und zeigt wagemutige Frauen und Männer, die von den Einheimischen noch belächelt wurden, als sie mit ihren Holzlatten die Hänge hochstapften, um mühsam mit Stemmbogen oder elegant im Telemark-Schwung über unpräparierte Hügel eine Spur zu legen. Die Damen zeigten sich damals noch in Röcken auf der Piste. In Hosen Ski zu fahren war für sie unschicklich. Die Herren übten den Sport in Anzug und Krawatte aus. Heute wundert sich mancher Sportler, wie sich die Ahnen des Skisports mit ihren einfachen Brettern die Hänge hinunterquälten. In der Ausstellung im Bauernhofmuseum kann der Besucher anschaulich erleben, wie aus den zwei primitiven Holzbrettern technisch anspruchsvolle Sportgeräte geworden sind. Das Paar Ski aus dem Jahr 1891 findet inzwischen modische Nachfolger. Das Münchner Sport- und Modehaus Bogner hat für diese Wintersaison eine kleine Kollektion von Vintage-Skiern herausgebracht. Diese nostalgischen Holzskier sind einzigartige Handwerksstücke ohne Schnickschnack und schrille bunte Muster. Sie bestechen vielmehr durch ihre feine Holzmaserung in wunderschönen warmen Honigtönen. – Die Schneebrille, schon vor über hundert Jahren ein unerlässlicher Begleiter auf Skitouren, hat ihr funktionales Design bis heute beibehalten.

Anfang des 20. Jahrhunderts war der Winter in den Bergen noch ein rauer Geselle, dem es zu trotzen galt. Für die Bauern war das Spurenziehen im jungfräulichen Schnee eher eine Fortbewegungsart für übermütige Städter. In schneereichen Wintern kam der Bahnschlitten zum Einsatz. Dieser keilförmige „Schneepflug“ war verstellbar und konnte so der Straßenbreite angepasst werden. Oft stellten mehrere Bauern eines Dorfes ihre Pferde für die Räumung zur Verfügung. Komplett schneefreie Straßen waren allerdings nicht das Ziel, es sollte vielmehr eine feste, ebene Fahrstrecke für die Transportschlitten geschaffen werden. Damit der Bahnschlitten nicht über, sondern durch den Schnee glitt, gaben die Männer dem Gefährt Gewicht, indem sie selbst darauf Platz nahmen – oft begleitet von Kindern. Mit Schippe und Schaufel wurde der Räumeinsatz unterstützt. Nach getaner Arbeit gab es für die Helfer meist einen Umtrunk in den ansässigen Gasthäusern. Die Bahnschlitten wurden im Sommer der einfacheren Lagerung wegen zerlegt und erst bei Bedarf wieder zusammengebaut.

aus Ausgabe 04/2012

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