Ausgabe 01/2012 · Titelgeschichte

Augsburger Allgemeine: Dame schlägt König

Nach knapp 900 Tagen war am 5. Dezember 2011 für Markus Günther bei der „Augsburger Allgemeinen“ Redaktionsschluss. Wohl noch nie in der über 60-jährigen Geschichte der Zeitung musste ein Chefredakteur nach so kurzer Zeit seinen Schreibtisch räumen. Das hat erst Alexandra Holland, eine Enkelin des Verlagsgründers Curt Frenzel, hinbekommen.

Der 1. Dezember sollte in der „Augsburger Allgemeinen“ mit Tränenenden, obwohl es in der Politik-Redaktion einen Einstand von zwei neuen Kollegen zu feiern gab. Denn seit Tagen hatte der Flurfunk im Lechhausener Medienzentrum das Gerücht verbreitet, Chefredakteur Günther (46) werde von der geschäftsführenden Gesellschafterin und Hälfte-Eigentümerin der Augsburger Mediengruppe „Pressedruck“, Alexandra Holland (46), vor die Tür gesetzt. Der Redaktionsleiter genieße auch bei der zweiten 50-Prozent-Gesellschafterin Ellinor Scherer und ihrem Ehemann Andreas Scherer, dem Vorsitzenden der Geschäftsführung des Augsburger Medienhauses, noch in Maßen Rückhalt.
Günther hatte bis zu diesem Tag das Getuschel, die Herausgeberin Alexandra Holland sei seiner überdrüssig, stets unkommentiert gelassen.

Auch an diesem Abend, als sich Markus Günther zur Einstandsfeier gesellte, ließ er kein Wort darüber verlauten, dass sein Abschied von der „Augsburger Allgemeinen“ kurz bevorstehe. Aber ein paar Worte richtete er doch an die versammelten Kollegen. Ohne auf seine Person und die Meinungsverschiedenheiten mit der Herausgeberin näher einzugehen, dankte er den Kollegen für die fruchtbare Zusammenarbeit der vergangenen Monate und bat jene um Verzeihung, denen er vielleicht durch sein scharfes Tempo und seine Ungeduld beim Umbau des Blattes Unrecht getan habe. Ein paar, die „nach der bleiernen Zeit unter Bonhorst“ – so ein Redaktionsmitglied – die längst fällige Blattreform von Günther mit Begeisterung mitgetragen hatten, konnten nach dieser verklausulierten Abschiedsrede ihre nassen Augen kaum verbergen. Andere wiederum machten cool auf „Business As Usual“, weil sie wussten, dass es durchaus etwas Bequemes und Beruhigendes hat, nach den Vorgaben der „Holland’schen Hausordnung“ mit eingezogenem Kopf seinem Job nachzugehen.

aus Ausgabe 01/2012

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