Ausgabe 03/2015 · Cathrin Lange

Ab auf`s Boot und gucken, woher der Wind kommt

Größer könnte der Gegensatz kaum sein: Cathrin Lange auf der Bühne des Theaters Augsburg, in einer Welt der Maskierung und des künstlichen Lichts, eine fremde Rolle verkörpernd – und in den Ferien als Skipperin auf dem Segelboot, wo sie auf ganz andere Weise den Ton angibt und sich Sonne, Wind und Wellen ausliefert. Keine der beiden Welten möchte sie missen.

Nein, Cathrin Lange stammt nicht aus Hamburg. Mitihrer Physiognomie und ihrem reinen Hochdeutschwürde sie zwar glatt als Hanseatin durchgehen, aber sie wuchs noch nicht einmal an der Küste auf. So vielzum Segeln. Und aus einem ernsthaft musikalischen Elternhaus stammt sie auch nicht. Und steht trotzdemheute als profilierte Sängerin auf der Opernbühne. Statt systematischer Frühförderung führte bei ihr alsowohl genau das zur Erfüllung eines Lebenstraums, wasPsychologen ehrgeizigen Eltern immer wieder gebetsmühlenartigans Herz zu legen versuchen: dem Nachwuchszeigen, was man selber liebt, und ansonsteneinfach Freiraum schaffen für die eigene Entwicklung. So fällt bei Cathrin Lange öfters der Name des Vaters,wenn es um ihr Heranwachsen in Düren, in der Nähevon Aachen, ging: ein Ingenieur, beruflich viel an Talsperrenunterwegs. In der Eifel hatte er einen kleinenKatamaran liegen und drückte seiner Tochter schonfrüh die Pinne in die Hand. Und das Singen? Wanderlieder, Volkslieder sangen die Eltern mit ihr und ihren Geschwistern. Die Liebe des Vaters zur klassischenMusik war spürbar. Ihr Wunsch, – zunächst im Chor –zu singen, kam irgendwann von ganz alleine.

Betritt Cathrin Lange heute in Augsburg die Bühne,ist ihr die kollektive Aufmerksamkeit des Publikumssicher. Seit sechs Jahren singt sie fest im Ensemble am Stadttheater. Mit jeder Spielzeit verlieh sie ihren Rollen bisher spürbar mehr Gewicht, mehr Ausdruck,mehr Klangfülle und, immer deutlicher, ihren ganz individuellen Ton: warm, rund, strahlend, nie zu spitz. Ihre Stimme hat sie zu einem Instrument gemacht,über das sie virtuos und scheinbar mühelos verfügt. Ein Freiraum, den sie nutzt, um größte Sorgfalt und Herzenswärme in ihre Rollen zu legen. Fast möchteman sie bitten, nicht noch besser zu singen. Denn dasHaus in Augsburg hat auf tragische Weise Sprungbrettcharakter: Ist ein Künstler so weit, dass er demPublikum vor lauter Präsenz den Atmen stocken lässt, liegt für ihn auch schon das Angebot einer größerenBühne zur Unterschrift bereit oder er versucht sich, wie vor kurzem Langes Kollegin Sophia Brommer, in der Solokarriere. Doch Cathrin Lange, die imvergangenen Jahr den Bayerischen Kunstförderpreisverliehen bekam, beteuert, derzeit noch keine Eile zuhaben: „Ich war, glaube ich, eh eher ein Spätstarter. Esist bei mir normal, dass ich mir Zeit nehme, um michzu entwickeln, und dann kommt der nächste Schritt.“

aus Ausgabe 03/2015

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